08.08.-14.08.2022
Alpenüberquerung  auf dem E5 von Oberstdorf nach Meran
Foto: VeronikaSumser
Wir, 6 TeilnehmerInnen und unser Fachübungsleiter Hochtourenführer Jaschar, fahren am Montag früh mit der Deutschen Bahn von Freiburg nach Oberstdorf. Die Bahnfahrt klappt einwandfrei und wir sind wie geplant kurz nach 12 Uhr in Oberstdorf im Allgäu. 
Hier ist die Landschaft noch erstaunlich grün und wir haben gutes Wetter. 
Unsere Wanderung startet in der Spielmannsau mit einem Aufstieg von 850 Höhenmetern durch den wilden Sperrbachtobel zur Kemptner Hütte (1.846 m). Die Wegstrecke ist nur 6 km lang und der Weg steinig. Unterwegs kommen wir an der schönen Kapelle am Knie vorbei und Jaschar erzählt uns eine Geschichte dazu. Nach kurzer Rast geht’s weiter aufwärts auf schmalem Stieg. Plötzlich Steinschlag von oben. Wir drücken uns an den Hang. Dann geht’s weiter. Wir schauen später zurück und sehen die Verursacher. Es waren junge Steinböcke, die auf einem Überhang die Steine losgetreten haben. Zum Glück ist uns nichts passiert. 
Die Kulisse der Alpen ist großartig. Wir erreichen um 17 Uhr die Hütte und bekommen zwei Mehrbettzimmer für die Nacht. Die Hütte ist eine Alpenvereinshütte der Sektion Allgäu Kempten und hat 290 Übernachtungsmöglichkeiten, keine Dusche und nur kaltes Wasser. Die Hütte ist gut belegt. 
Wir erleben eine schöne Abendstimmung und eine ruhige Nacht.
Am Dienstag geht es zuerst bergauf an die deutsch-österreichische Grenze zum Mädelejoch (1.974 m). Von hier sehen wir die Lechtaler Alpen und sind in Österreich.  Auf dem steilen Weg bergab befinden sich mehrere Wallfahrtsstationen. Wir wandern zur Roßgumpenalm und durch das Höhenbachtal nach Holzgau im Lechtal. Da gibt es die längste und höchste Seilhängebrücke in Österreich. Sie ist 200,5 m lang, 1,20 m breit und 110 m hoch. Da gehen wir natürlich darüber. Für nicht schwindelfreie gibt es einen Wanderweg. 
Von hier nehmen wir einen Busshuttle und fahren in das Madautal. Es ist eine abenteuerliche Fahrt auf schmaler Straße und wir sind froh, dass wir uns die 15 km Teer und Schotter sparen. Bei der Materialseilbahn können wir unsere Rucksäcke aufgeben und den Aufstieg mit leichtem Gepäck zur Memminger Hütte (2.242 m) machen. Es sind wieder circa 850 Höhenmeter zu bezwingen. Doch wir haben gutes Wetter, wunderschöne Berge und einen schönen Wasserfall bis wir oben ankommen. 
Die Memminger Hütte ist die Alpenvereinshütte der Sektion Memmingen und liegt auf einem Hochtal mit dem Seewisee dahinter. Sie hat circa 150 Schlafplätze und ist voll belegt. Wir sind im Matratzenlager mit 86 Betten untergebracht und verbringen eine ruhige Nacht.
 
Am Mittwoch starten wir bereits um 7 Uhr bei gutem Bergwetter. Wieder geht es zuerst steil aufwärts zur Seescharte (2.664 m). Die Aussicht nach der Überschreitung ist phänomenal und unbeschreiblich. In diese Bilderbuchlandschaft steigen wir steil 2000 Höhenmeter durch das Lochbachtal und das Zammer Loch nach Zams ab. Dort sind wir in einem Hotel in Doppelzimmer mit Dusche einquartiert. Luxus, den wir genießen. Auch hier geht es wieder früh ins Bett.
Gestärkt und gut ausgeruht schweben wir mit der Venet-Seilbahn von Zams in die Höhe. Wir nehmen den Panoramaweg, der seinem Namen alle Ehre macht. Von den Eindrücken berauscht machen wir eine kurze Rast bevor wir nach Wenns im Pitztal (976 m) weiter absteigen. Von dort bringt uns der Bus nach Mittelberg auf 1734 m. Nachdem wir uns mit Wasser versorgt und den Rucksack in die Materialseilbahn verladen haben, geht es steil bergauf. Vorbei an einem imposanten Gletscher-Wasserfall und der immer kleiner werdenden Geltscherzunge des Mittelbergferners. Wir überwinden insgesamt 1000 Höhenmeter bis zur Braunschweiger Hütte (2760 m). 
Auf der privat geführten und frisch renovierten Hütte kommen wir in Zimmerlager unter und genießen eine warme Dusche – eine Wohltat in der höchst gelegenen Übernachtungsmöglichkeit des E 5. Direkt am Gletscher spüren wir die Kälte des Gletscherwindes schon kurz nach Sonnenuntergang und verabschieden uns früh ins Bett. 
Die Sonne weckt uns auch am fünften Tag und verspricht einen grandiosen Berg Tag. So starten wir gut gelaunt auf zum Pitztaler Jöchl (2.998 m). Nach dem mühsamen Aufstieg werden wir mit unglaublichen Panorama-Ausblicken belohnt. Wir machen kurz Rast und genießen die Sonne und die einmalige Stimmung in diesen Höhen.
Über steiniges Gelände müssen wir uns an Ketten / Seilen festhalten und vorsichtig den Weg nach unten beschreiten. Wir streifen dabei den Rettenbachferner, der auch immer mehr abschmilzt. Hier ist der Ski-Zirkus zu Hause und wir wundern uns darüber, dass der Schnee auch auf dieser Höhe unter Schutzfolie vor dem Abschmelzen bewahrt werden muss. 
Unten angekommen warten wir auf der wohl höchst gelegenen Bushaltstelle (2.663 m) auf unseren Transfer nach Vent im Ötztal (1.896 m) Die Fahrt geht in Serpentinen das Rettenbachtal herunter nach Sölden. In dem mondänen Alpenort gönnen wir uns einen Cappuccino und steigen um in den Bus nach Vent. Die Fahrt führt uns an wunderschönen alpenländischen Weilern und Dörfern vorbei. 
Noch früh am Mittag beginnt unser Aufstieg. Dieses Mal sind es nur 630 Höhenmeter, allerdings komplett mit Gepäck, ohne Materialtransport. Wir werden begleitet von pfeiffenden Murmeltieren, die ihre Freunde vor uns warnen. Total unbegründet, wie wir finden. Die Schafe sind uns wohl-gesonnener und bleiben stehen zum Streicheln. Wie wir später erfahren, sind dies Schafe aus dem Vinschgau in Südtirol, die den Sommer hier verbringen. 
Unsere letzte Nacht auf dem E5 verbringen wir auf der Martin-Busch-Hütte. Eine Alpenvereinshütte der Sektion Berlin des Deutschen Alpenvereins auf 2.501 m. Auch hier sind wir in Zimmerlagern untergebracht. Früh geht’s ins Bett und auch früh wieder raus. Wir starten bereits um 7 Uhr Richtung Similaun-Gletscher. 
Wir genießen die wärmenden Sonnenstrahlen und wandern vorbei an Glocken tragenden Schafherden. Den gut markierten Weg hinauf zum Niederjoch, vorbei am Abzweig zum Ötzi-Fundort. Auf den letzten Metern vor der Similaunhütte treffen wir den Schäfer aus dem Vinschgauer Schnalstal mit seinem Hütehund. Er ist unterwegs, um die 4000 Schafe zurück nach Vent zu treiben. In diesem heißen Jahr muss er dies täglich tun, da die Schafe immer weniger Futter in den Tallagen finden und zurückdrängen. Die Similaunhütte im Schnalskamm der Ötztaler Alpen, auf der Grenze zwischen dem österreichischen Nordtirol und dem italienischen Südtirol, liegt auf 3.019 m. Hier eröffnet sich ein atemberaubendes Panorama und wir können mehreren Seilschaften bei der Gletscherbegehung zusehen. 
Ein letztes Mal geht es nun bergab und das gleich richtig lange. Insgesamt 1.370 Höhenmeter steigen wir zum Vernagt-Stausee ab. Wehmütig und ein bisschen stolz wandern wir das Tisental herunter, wohl wissend, dass dies die letzte gemeinsame Wanderung mit unserer Gruppe ist. Bei der Jausenstation Tisenhof beschließen wir unsere Alpenüberquerung und bedanken uns bei Jaschar, der uns diese unbeschreibliche Alpenüberquerung ermöglichte.
Nach einem kurzweiligen Taxitransfer erreichen wir die Jugendherberge in Meran. In Zweibettzimmern mit eigener Dusche waschen wir uns die Strapazen des E 5 ab und feiern bis in die Nacht in Meran unsere Heldentaten auf dem E 5. 
Veronika und Christoph Sumser im August 2022