Montag 15. Juli 2013

Mit Himbeeren gefüllte Pfannkuchen zum Frühstück starten wir in den Tag. Es kommt, dank dem schlechten Wetter das I-Tüpfelchen der Reise. Anstatt der Wanderung über eine Holzbrücke zu den Mineralquellen, führt Alissa uns durch ihr Dorf.

Zwar waren wir natürlich schon vorher herumspaziert, haben uns überall mit „gutten Tag“ begrüßen lassen, haben von Neubauten bis halb Verfallenem viel gesehen aber wenig mitbekommen.

Gleich  in der nächsten Nebenstraße beginnt unsere eigentliche Geschichte:

In der Russenzeit (so nennt man das hier) wurden den Junglehrerinnen Stellen zugewiesen. Und so kam Alissas Großmutter nach Dubrinitschi. Beim Spaziergang stand ein junger Mann am Zaun, sah Oma  und verliebte sich auf der Stelle in sie. Doch Oma wollte erst nicht, denn sie bekam von ihrer Mutter eine Warnung mit. „verliebe Dich in keinen Österreicher“.

Er selbst war mit zwei Frauen verheiratet, gleichzeitig  - versteht sich, eine in der Ukraine und eine in Österreich als er dort im Krieg war.

Nun. Oma und Opa lebten sieben Jahre in diesem kleinen alten Haus.

Ein Teil des Dorfes liegt auf dem Berg – also doch eine Wanderung. Wäre der Himmel nicht so grau verhangen hätten wir eine Wahnsinnsaussicht.
Um den Weg abzukürzen wählte Alissa einen schmalen, steilen Trampelpfad.

Und oben kam wieder der Zeitsprung in meine Kindheit.
Alte Geräte, Holzschuppen und viele Grüppchen von Hühnern, jeweils um einen stolzen Hahn herum. Gänse, Enten und sogar drei graue Perlhühner picken ums Haus.

Alissa zeigt auf eine frühere Kolchose im Tal. Kornfelder könnten auch dort wogen aber der Boden ist lehmig und steinig.

Wir kommen  ans Geburtshaus von Andrey, Manfreds Gastgeber, der nun im Tal ein tolles Haus bewohnt.

Auch heute konnte ich wieder ein tolles Bohnenbild schießen. Wie täglich. 50 Meter lang war die Reihe neben dem Kartoffelfeld,

Etwas weiter hat sich eine Bäuerin mitten auf dem Weg auf einen Stuhl gesetzt. Sie bewacht die Hühner, denn es soll ein Fuchs in der Nähe sein. Ein Bauer bewacht seine einzige Kuh. Aber das habe ich ja nun schon öfter gesehen.

So ist Alissas Weg ihrer Kindertage für uns ein wahres Erlebnis. Nach unserem Rundgang gab's ausgiebiger Vesper im Biergarten.

Und dann kam Kofferpacken. Doch gleich danach das Sahnehäubchen.

Abschiedsfest.  Alissa hatte neben ihrem Haus für Veranstaltungen eine Scheune ausgebaut.

Wow, sie kam uns in Tracht entgegen. Weißes Leinen, rot bestickt und mit rotem Gürtel. Natürlich die Zopffrisur.  Und Arinchen sah in Tracht einfach zum Fressen süß aus.

Mit uns waren alle Gastfamilien eingeladen. Eine lange Tafel brach vor Essen und Flaschen fast zusammen. Sämtliche Spezialitäten der Ukraine wurden aufgeboten.

Acht jungen Mädchen standen im Hintergrund und sangen Volkslieder. Ein Mann zog das Akkordeon dazu und wunderbar wurde Geige gespielt.

Schon lange hatte Alissa vom Abschiedsfest gesprochen. Es gäbe da dann eine transkarpatische Hochzeitsfeier. Ja, und nun hatte sie eine Schwäbin (mich) und einen Ukrainer auserkoren.

Sie nahm mich mit ins Haus und steckte mich zuerst in einen weiten weißen Rock, zog mir eine bestickte Bluse darüber. Weiter noch ein blaues Wams und eine rote Schürze. Zur Krönung trug ich dann noch rote Stiefel (eine gute Nummer zu klein).

Unverheiratete Frauen bekommen einen Kranz mit roten Blumen und bunten Seidenbändern ins Haar. Gottlob war kein Spiegel da.

Unter dem Jubel der Gäste zogen dann Ivan und Gerti in die Scheune.

Tja. Und dann setzte sich der Musiker als Bräutigam auf einen Stuhl. Die Hände artig auf den Oberschenkeln. Rauhe Sitten, denn so kann er sie später nicht schlagen.

Die Braut muss darauf setzen und von ihrer Jugend Abschied nehmen. Er ließ seine Hände ganz brav ruhig und ich saß wie auf dem Nachttopf.

Nun musste ich weinen, die Tränen, die mir übers Gesicht liefen waren allerdings Lachtränen. Der ganze Saal grölte  vor Vergnügen.  Der bunte Blumenkranz wurde durch ein dröges Kopftuch ersetzt. Unterm Kinn zugebunden und das steht mir ja nun überhaupt nicht.

Nun ist also Ivan mein Mann – er sieht gar nicht so übel aus. Aber bei dem Kopftuch dachte ich gleich an die harte bäuerliche Arbeit. Da liege ich dann doch lieber allein daheim in meiner Hängematte.

Küsschen, Küsschen und Brauttanz mit den zu kleinen Schuhen. Alle Männer mussten mit mir tanzen (gottlob nur kurz) und mir dann Geld in den Ausschnitt stecken. Es kam ein kleines Sümmchen zusammen. Für Swetlanas Sparschwein, keiner hat´s gemerkt.

Wunderschön sangen dann Alissa, ihre Schwiegermutter Luba und die Oma, fast achtzig aber mit einer herrlichen vollen Stimme.

Der weitere Abend verlief mit fröhlichem Tanz. Manfred wie der Lump am Stecken.