Sonntag 22. August :
Nach der langen Busfahrt gestern freuen wir uns, daß wir heute zu Fuß die Umgebung erkunden. Nur 10 Minuten sind es bis zum Strand. Jetzt bei Tageslicht sehen wir den schönen Baumbestand des Feriendorfes und die vielen Hortensienbüsche. Über den sandigen Trampelpfad geht es Richtung Meer, rechts und links niedrige Sträucher, stachelige Gewächse mit bunten Blüten, und Gräser, die die salzige Atlantikluft mögen. Es ist gerade Ebbe und der Strand ist voller Muscheln. Hier findet man eine überraschende Vielfalt: Miesmuscheln, Austern (eine mit opalisiertem Innern), Venusmuscheln, die längliche Schwertmuschel, die Herzmuschel (Shell-Symbol), Sägezähnchen mit dem fein gezähnten Rand, und natürlich auch Schnecken. Sogar eine große Qualle ist gestrandet. Nicht nur auf dem Sand, auch auf den dunklen Steinen, die jetzt frei liegen, haften Muscheln, Schnecken, Seetang und Seegras. In den Wasserlachen, die die Ebbe zurückgelassen hat, stolzieren Silbermöwen. Warum kreischen sie nicht wie üblich? Vielleicht sind sie bei dem wolkenverhangenen Himmel nicht in Stimmung. Im Gegensatz zu uns, wir sind begeistert. Ich ziehe Schuhe und Strümpfe aus, denn was ist erfrischender, als barfuß durch den Sand zu laufen ? Eine Wohltat für die Füße. Aber der Sand ist feucht und kühl, da zieht man nach 15 min. gerne die warmen Socken wieder an. An dem weiten, fast menschenleeren Strand galoppiert eine Reiterin mit Pferd, gefolgt von ihrem Hund. Man merkt, daß es allen dreien Spaß macht, die Natur und die Weite zu genießen. Eine Reihe Strandsegler weckt unser Interesse; sie sehen aus wie ein Kajak mit Segel und drei Rädern. Nach einer Sitzprobe laufen wir noch bis zu einer kleinen Anhöhe, wo Reste eines Bunkers stehen, und haben einen fantastischen Überblick über die Küste und Dünen. Das Mittagsessen beginnt mit einem riesigen Buffet, sodaß man
danach eigentlich schon satt ist. Es gibt jede Menge Salate, Fisch in Tomatensoße,
Sardinen, feines Gemüse, alles frisch und lecker. Wer die Speisekarte
nicht gelesen hat, geht anschließend zum Käsebuffet. Aber da
wird schon der Hauptgang serviert: gigot d'agneau, also Lamm, mit gegrillten
Auberginen (was zuhause viel Arbeit macht). Dazu paßt hervorragend
der Rotwein, der wie der Rosé und Cidre jederzeit selbst vom Faß
geholt werden kann. Der Cidre glänzt im Glas wie Gold und macht vom
Anblick her schon Appetit. Und wer dann noch Käse und Dessert
schafft, ist gestärkt für die Nachmittags-Wanderung.
Über einen Feldweg weist uns ein Schild Richtung Cromlech und kurz danach zu einem 'quadrilatère', einem aus Menhiren gebildeten Rechteck von 33 m x 25 m . Schon wieder etwas dazugelernt: ein Cromlech muss nicht kreis- oder halbkreisförmig sein. Zurück zum Dolmen wenig später in den Wald hinein. Viel Farn wächst rechts und links am Wegrand, und immer wieder steht neben den Wegen mitten zwischen Bäumen und Sträuchern eine Ansammlung von Menhiren. Da gibt es Formen, die der Fantasie freien Lauf lassen. Eindeutig ist der 'Chaise de César', der Stuhl vom Kaiser, über 2 m hoch. Am beeindruckendsten ist mitten im Wald eine Stelle, genannt Mané Braz, mit zwei Dolmen, von denen der größere sogar Seitenkammern hat. Neben dem kleineren befindet sich eine Art Wassertrog. Was auch immer das bedeutet, es kann viel spekuliert werden, aber es gibt wenig wissenschaftliche Belege über das Warum und Wie. Immer wieder kommen wir an Stellen, wo wir zwischen Bäumen Menhire
und kleine Mauern entdecken. Bevor wir das Waldgebiet verlassen, führt
von einem Platz mit Menhir und einem Mäuerchen eine Steinallee
- les géants de Kerzeho - zu einer Ansammlung von mehreren Megalithen,
der interessanteste davon sieht aus wie ein liegender Walfisch. Und ein
paar Meter weiter direkt an der Straße nach Erdeven befindet sich
die bekannte Steinreihe (alignement) von Kerzérho. Warum und wie
wurden die Steine von bis zu 6 Metern Höhe so aufgestellt? Mit dem
Kopf voller Fragen haben wir jetzt das Abendessen verdient.
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